>Ein Leben in Musik<

 

KURZ[E]GESCHICHTE ÜBER DIE DREHARBEITEN ZUM FILMPORTRAIT VON:

 

ALBANO & ROMINA POWER!

Foto privat. © by Rainer Karl Westerfeld, Executive Producer

Wohl eine meiner schönsten und nachhaltigsten Erlebnisse in meiner Karriere als Filmschaffender war 1995 der Auftrag des ZDF in Koproduktion mit dem Label Ariola, eine TV-Dokumentation über das Leben und Wirken der Megastars: "Albano und Romina Power", in ihrer Heimat Apulien zu produzieren.

  Ein äußerst kompliziertes Troubleshooting Projekt und deshalb war die Vorlaufzeit sehr knapp bemessen. Mit einem eilig zusammengestellten aber erlesenen Rumpfteam (Redaktion, Chef-Kamera, Technischer Leiter und meine Wenigkeit) starteten wir alsbald in Richtung Apulien zur Vorbesprechung. Da das Projekt schon einmal kurz vor dem Aus stand, fiel der Empfang in Cellino San Marco demzufolge etwas belegt aus. Als sich dann unser Redakteur auch noch einen heftigen Ausrutscher leistete, hatten wir danach alle das Gefühl, als hätte jemand plötzlich die Tür eines riesigen Kühlschranks geöffnet, gleichzeitig konnte man im Raum eine Feder fallen hören. Faktisch standen wir kurz vor dem Rauswurf. Aber nach ein paar Minuten des quälenden Rumdrucksens, gelang es mir dank meines diplomatischen Geschicks, die verfahrene Situation soweit zu entzerren das dann doch noch ein kühles Getränk gab und das angeknackste Seelenleben unserer italienischen Gastgeber kam langsam wieder ins Lot. Nach der verbalen Präsentation unserer hübschen Filmidee, keimte eine sensibel kreative Grundstimmung auf und dem Universum sei Dank, waren wir nach kurzer Zeit wieder voll und mit Freude in der Planungsphase. Bei dem ergiebigen Thema "Location scouting", sprang irgendwann Albano abrupt auf und verließ eiligst den Konferenztisch, (großes Fragezeichen in der Runde) um aber nach ein paar Minuten grinsend, mit dem Statement: "I ordered a helicopter from friends", wieder aufzutauchen. Daraufhin brach eine befreiende Heiterkeit bei allen aus, und wir lachten uns einige Minuten den Frust von der Seele!

 

Das Eis war endgültig gebrochen und ein wunderbarer Tag begann.

 

  Etwa 45 Minuten später hörten wir die Sirenen einiger Polizeifahrzeuge, diese wurden begleitet von einem übermäßig lauten geknatter. Erwartungsvoll eilten wir nach draußen, wo uns ein typisch italienisches Szenario erwartete. Zwei Polizeiautos mit eingeschalteten Sirenen und Blaulicht blockierten die Landstraße vor dem Carrisi Anwesen, eines links und etwas abgesetzt das zweite, und dann die Sensation, mit donnerndem Getöse und in einer riesigen Staubwolke kam der große sechssitzige Eurocopter EC 155 zu Boden. So unkompliziert gestaltet man in Apulien spontan einen perfekten Hubschrauberlandeplatz. Das Erstaunlichste dabei war, die wartenden Autofahrer standen neben ihren Fahrzeugen und beobachteten aufmerksam den langsam zwischen den Olivenbäumen zu Boden schwebenden Helikopter, ohne entnervt die geliebte Hupe zu traktieren. Als dann die Rotorblätter des Heli zum Stillstand gekommen waren, sprangen zwei Personen samt Kopfhörern aus dem Cockpit und winkten freudig zu uns herüber.

 

  Da Peter unser erfahrener Kameramann, ja ein ganz ausgeschlafener war, hatte er natürlich sein Arbeitsgerät plus Ersatz Akkus am Mann und wie einhundert Meter Läufer spurteten wir gemeinsam los und enterten vergnügt den noch in einer Staubwolke eingehüllten Heli.

Foto privat. © by Rainer Karl Westerfeld

Die große Seitentüre war schon Kameratechnisch entfernt, die Jungs waren wohl Profis, und so war dann auch die Sitzverteilung schnell und einfach geregelt und ab ins Azurblau ging die wilde Hatz. Mit einer, zur hörbaren Freude der beiden Piloten, sehr staubigen und filmreifen Ehrenrunde zum Dank an die Polizisten, begaben wir uns dann schnellstens in höhere Gefilde.

  Unser Flug führte uns zuerst nach Südwesten in Richtung Küste und der Stadt Gallipoli, und dann ca. 200 km der Apulischen Küste entlang über Lecce zurück nach Cellino, wo uns wiederum die Landeplatz Polizei erwartete. Mit einer handsignierten Kiste des hauseigenen Weins rauschte die Polizei unter Blaulicht und Tatütata ab und mit ihnen, der uns einstaubende Heli, das Letzte, was ich sah, waren die breit grinsenden Piloten.

Mamma Mia, was für eine Gaudi Ein wahrhaftes "James Bond Szenario"!

Nun hatten wir für drei Stunden exzellentes Filmmaterial. Ein Traum, denn die gesamte Apulische Küste ist übersät von atemberaubenden Film-Locations. Danach waren wir alle happy endlich wieder festen Boden unter den Füßen zu haben, denn von vielen An- und Überflügen der Sehenswürdigkeiten war uns ganz schwindlig, denn der stolze Italiener zeigt gerne und ausführlich seine Kunstschätze. Zum Beispiel im Tiefflug über den Strand zu Donnern, dann im Steilflug die Kiste hochziehen, direkt auf den Torre Rinalda zu und dann in Schräglage nur wenige Meter darüber hinweg. Mann oh man was für einzigartige Aufnahmen, da kam sogar unser guter Kameramann gehörig ins Schwitzen.

  Nach einem ebenso atemberaubenden Abendessen (Albano hat uns köstlichst bekocht und Romina hat ihren ebenso berauschenden Nachtisch, ein wahrhaft göttliches Tiramisu, kredenzt.)

  Da ja die Familie Carrisi auch Wein- und Olivenbauern sind, wurde natürlich mit der dazugehörigen Zeremonie der spezielle Weinkeller getestet. Sackerl Zement nochmal, ich habe in meinem Leben ja schon recht viele edle Weine "getestet", aber "una felice sorpresa", so etwas Außergewöhnliches war noch nicht dabei. Ein wahrlich seltener erlebter brillanter Abend unter Freunden und das Non plus Ultra italienischer Gastfreundschaft!

"What a difference a day makes"! 

  Es war ein sehr gemütlicher und recht langer Abend, der nächste Morgen und unsere Abreise kam schneller als gedacht und gestaltete sich demnach auch etwas wehmütig und nicht so flott wie es die Airline gerne gehabt hätte, aber da wir Businesskunden waren und unser Gastgeber guten Beziehungen zu der Airline pflegte, null Problem.

  Etwas längere 10 Minuten später als geplant, starteten wir vom Airport Aeroporto del Salento in den Stahlblauen Morgenhimmel von Apulien und die mit Schaumkronen anbrandenden Meereswellen winkten uns zum Abschied.

  Mit einem gewaltigen Rucksack voller Arbeit trudelten wir am Nachmittag dann gut gelaunt wieder im Sender ein und begannen sofort mit der Umsetzung der gemeinsam erarbeiteten Konzeption.

  Der Musikverlag mischte dabei kräftig mit, und dass machte die Sache auch nicht gerade easyer. Endlose Telefonate wegen unterschiedlicher Ansichten der oft nicht Fernsehtauglichen Ideen der Abteilung Schallplatte. Wer die "Boys und Girls von der Platte" kennt weiß, was da für ausgebuffte Zocker da am Werk sind. Die Probleme waren, wie immer, die Kosten: ... wer bezahlt was und wieviel. Dabei wurde mir sonnenklar warum das Ding schon einmal an die Wand gefahren wurde. Kompromissloses Kompetenzgerangel mitten in der eh schon sehr knappen Zeit der  üppigen Produktionsvorbereitungen.

  Eine Redaktionskonferenz jagte die andere und die nötigen Krisensitzungen folgten.

  Boah ey Boah, was für eine nervige Konfusion! Da wünscht man sich den Begriff des ausführenden "Troubleshooters" nie gehört zu haben, ein Mega Stress und das jeden Tag bis spät in die Nacht und als Folge wird das Wort "Schlaf" zum Fremdwort. Aber als wäre da nicht schon genug Chaos, nein, da pocht dann auch noch die hauseigene Revision an deine Leichtbau Bürotür und bemängelt vehement einen zu hohen Kaffeeverbrauch und dein Lieblings Requisiteur bekommt einen kräftigen hausgemachten Rüffel, da er den Kaffee aus seiner Produktionskasse abgerechnet hatte. Kaffee sei reine Privatsache moserten sie pikiert. Da machst du dann ganz-ganz große Augen wie ein australischer Koboldmaki und bekommst Nackenschmerzen vom anhaltend heftigen Kopfschütteln und orderst verzweifelt ein bis zwei Eisbeutel. Was war hier zu tun, auf Kaffee verzichten? Nie und Nimmer! Jou, da schickst du deinen Produktionsfahrer in die Mainzer City zu Tchibo und orderst eine halbe Tonne Kaffee aus eigener Tasche. Denn den Fahrer zahlt ja der Sender, das ist nun wieder für die Revision uninteressant, denn dies sind eigenkosten und Kaffeepulver sind Fremdkosten, basta. Das nennt man öffentlich rechtliche angewandte System-Ökonomie.

Sei's drum, die Show must go on!

  Also brauten wir fortan unseren eigenen Kaffee und stürzten uns voller Vorfreude auf die Arbeit. Margot, meine pfiffige Office Managerin und Produktionsassistentin, war mir dabei stets eine unersetzbare Stütze und durch sie brummte unser Produktionsbüro satt wie ein Zwölfzylinder Chevrolet Corvette.

  Stepje by stepje wie die Holländer sagen, arbeiteten wir uns durch einen Dschungel von Vorgaben, Bestimmungen und diversen ausgefallenen Wünschen welche von allen Seiten auf uns hernieder prasselten. Aber irgendwann und im vorgegebenen Zeitrahmen, war alles unter Dach und Fach und wir hatten das Material für eine exorbitante und abgefahrene TV-Produktion zusammen. Die Crew war nun auch tutti completti. 30 Flugtickets und Hotelzimmer gebucht, die Route für die Übertragungs- und Rüstwagen polizeilich abgesegnet, das Drehbuch und den Drehplan upgedatet, sämtliche Genehmigungen und Behörden Vorgaben gecheckt und ein ganzer Tross von Hilfskräften und Komparsen engagiert, und die beiden Protagonisten hatten letztendlich auch ihren Tour Plan angepasst. Nun konnte es endlich losgehen denn alle scharrten schon ungeduldig mit den Hufen, denn die Zeit wurde langsam knapp und das Barometer in Apulien lockte mit einer Briese feinster Meeresluft und der Azurblaue Himmel stand volle Kanne auf Hochsommer!

  Aber egal wir genau und wie viel du ackerst, ein Gefühl der Unsicherheit bleibt, du meinst permanent etwas ganz Wichtiges vergessen zu haben. Mit klopfendem Herzen saß ich nun im Flieger in Richtung Aeroporto del Salento via Brindisi und Lampenfieber ist nichts Außergewöhnliches und ist in meinem Job völlig normal, aber immer wieder doch sehr nervig.

Foto privat. © by Rainer Karl Westerfeld

Der Empfang im Hause Carrisi/Power war überaus herzlich und nachdrücklich. Das gesamte technische Team haben wir in der wunderhübschen Stadt Lecce im Grand Hotel Tiziano untergebracht. Redaktion, Regie und wir die Produktion bekam auf dem weitläufigen Anwesen der Carrisi, wunderhübsche moderne und künstlerisch gestaltete Apartments. Ein Traum von behaglichem Wohnen mit Blick auf endlose Olivenfelder mit vor Glück singenden Zikaden. Der gewaltige Vorteil der räumlichen Nähe gipfelte in dem absoluten Topping, das wir gemeinsam von Romina und Albano persönlich bekocht wurden. Wir wurden von den beiden Protagonisten nach allen Regeln der italienischen Kochkunst verwöhnt und konnten so, ganz easy, die Drehfolge für den kommenden Drehtag in aller Ausführlichkeit erörtern und noch kleine aber wichtige Details einbauen und "was der Kenner Ahnt" war nach dem dritten Fläschchen des hauseigenen Tropfens wahrhaft kein Mangel an proaktiver Kreativität.

Es ist schon eine ganz besondere Ehre, mit solch gelassenen Profis kreativ zusammenzuarbeiten!

  Am nächsten Morgen jumpte ich dann fröhlich in meinen sportiven Fiat Spider "Dienstwagen", in dem schon einige "Familie-Ragazzi" auf mich warteten. Das restliche Team war schon freiwillig früh aus den Federn, um alles vorzubereiten. Alfonso, der Neffe von Albano, wartete immer an der Straße nach Cellino im Schatten eines uralten Olivenbaumes auf uns. Dann legten wir, wie es im Süden Italiens Usus ist, erst einmal einen kurzen Stopover in einer Trattoria für einen Espresso und ein paar Dolci ein, bevor wir dann fröhlich und gestärkt zum restlichen Team am Set stießen. Der tägliche Empfang am Set war immer herzlich, denn die Crew war blendender Laune, die Sonne lachte aus einem azurblauen Himmel, die würzige Meeresbrise zudem erfrischend.

 Der anstehende Drehtag war, wie immer, professionell vorbereitet und somit waren alle nötigen Vorarbeiten so gut wie erledigt. Alle 10 Trucks waren vorbildlich platziert und das komplette Set war abgesperrt. Hunderte Meter Kabel waren sauber verlegt und alle Verbindungen auf die korrekte Funktion getestet. Die Kameras standen auf ihren festgelegten Podesten und waren bereits justiert. Die essentiell wichtige Steadycam eingemessen und der Probelauf zur Zufriedenheit von Peter unserem Chef Kameramann absolviert. Auch alle georderten Hilfskräfte und Strand-Komparsen in freudiger Erwartung, was denn da so am heutigen Tag auf sie zukommt.

 Nach zwei, drei heißen Proben durch unsere beiden Doubles (featuring Margot, meiner Office Managerin und Dieter dem Redakteur) und dem zufriedenen OK unseres Regisseurs Thomy, konnten die Protagonisten "antanzen", wie er es salopp ansagte, wobei unser Produktionsfahrer Salvatore (ein glücklicher ZDF-Italiener), sofort in seinen Mercedes sprang und losbrauste, um unsere wartenden Stars abzuholen.

  War die Distanz zum Drehort größer, saßen die beiden in ihrer rollenden Garderobe, wenn es Albano dort zu langweilig wurde, ging er rüber zum Set und half gekonnt unseren Technikern.

1] Mein bescheidener Dienstwagen - 2] Unser eindrucksvoller Wagenpark - 3] Technischer Aufbau "on the Beach" - 4] Kamera mit hitze-Kopftuch - 5] Romina bei Dreharbeiten am Strand - 6+7] Allgemeine Vorbereitungen für die Mittagspause - 8] Besprechung am Set - 9] Einrichten Kamerakran - 10+11] Technischer Aufbau für eine spezielle Fahrszene - 12]  Umfangreiche Dreharbeiten im Trulli Dorf - 13] Gemütliches Beisammensein nach Drehschluss - 14] Auch den Produzenten mal richtig Nassgemacht - 15] Finale Dreharbeiten mit Komparserie für den Abspann.

Alle Fotos privat © by Rainer Karl Westerfeld

Romina, unser Herzblatt, hielt unterdessen die beim Dreh massenweise anwesenden Fans im Zaum zu halten, um sie mit jeder Menge Autogrammen zu versorgen. Besser kann Frau das nicht machen - Phänomenal!

Wahrlich eine: "EINE AUSSERGALAKTISCHE TRUPPE!"

Die beiden Protagonisten wurden so zu einem vollwertig integrierten Teil der Film-Crew und so blieb die Stimmung die gesamte Drehzeit über immer "AZZURRO"!

Das war, was ich an meiner Arbeit so sehr liebte, jeder neue Tag brachte Harmonie und mit im Gepäck große Freude!

"GRAZIE A LEI  CARA"